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Ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Göttingen konnte erstmals zeigen, dass Bienenbestäubung nicht nur zu Ertragssteigerungen bei Erdbeeren führt, sondern auch einen entscheidenden Einfluss auf die hormonellen Prozesse während der Fruchtentwicklung hat. Dies wiederum führte zu einer deutlich verbesserten Qualität und Vermarktbarkeit der Erdbeerfrüchte. Zusätzlich weisen aus Bienenbestäubung hervorgegangene Früchte eine sortentypischere Zusammensetzung von geschmackgebenden Inhaltstoffen auf. Die Ergebnisse der Studie wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Agriculture, Ecosystems & Environment veröffentlicht.

AgrarDebatten traf den Erstautor, Alexander Wietzke, und Prof. Elke Pawelzik, Inhaberin der Professur für Qualität pflanzlicher Erzeugnisse und Co-Autorin der Studie zum Gespräch im Alten Botanischen Garten der Universität Göttingen. Das Interview führte Ellen Thye.

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Ihr könnt euch das Interview auch als Podcast anhören. Es wurde geführt von Kristina Backhaus.

Etwa ein Drittel der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion stammt von Kulturfrüchten, deren Ertrag durch Tierbestäubung, insbesondere Insekten, deutlich verbessert werden kann. Dies konnte beispielsweise bei Erdbeeren, Äpfeln, Zuckermelonen, Ackerbohnen und Raps gezeigt werden. Auch wenn mittlerweile einige Studien über den positiven Einfluss von Insektenbestäubung auf den Ertrag und die Qualität verschiedener Kulturfrüchte vorliegen, so ist bislang jedoch nur wenig darüber bekannt, welchen Einfluss die Insektenbestäubung auf die pflanzenphysiologischen Prozesse während der Fruchtentwicklung und die damit zusammenhängende Fruchtqualität und Vermarktbarkeit hat.

Dieser Frage ging erstmals ein interdisziplinäres Forscherteam des Departments für Nutzpflanzenwissenschaften nach – beteiligt waren die Abteilungen Agrarökolgie, Molekulare Phytopathologie und Qualität pflanzlicher Erzeugnisse. Dafür wurden verschiedene Bestäubungsvarianten auf einem Erdbeerfeld in der Nähe Göttingens miteinander verglichen.

Erdbeerfeld

Versuchsfeld (Erdbeerpflanzen) in der Nähe von Göttingen.

a) Selbstbestäubung: Übertragung des eigenen Pollens der Blüte ohne das Zutun von Insekten

b) Handbestäubung: Manuelle Bestäubung mit Pollen derselben Blüte mithilfe eines Pinsels

c) Offene Bestäubung: Pollenübertragung durch Insekten bzw. in sehr geringen Anteilen durch Wind

Die Forscher fanden heraus, dass Selbstbestäubung zu den kleinsten und leichtesten Erdbeerfrüchten führt. Zudem waren über 90 % dieser Früchte deformiert, wiesen eine kürzere Haltbarkeit auf und hatten folglich den mit Abstand geringsten Handelswert, der lediglich 8% des Handelswertes von aus Hand- und offener Bestäubung resultierenden Früchten betrug. Insektenbestäubte Blüten entwickelten sich hingegen zu wohlgeformten, schwereren und größeren Früchten, welche einen um 92 % gesteigerten Handelswert aufwiesen, wobei kein merkbarer Unterschied zwischen Hand- und offener Bestäubung bestand. „Insekten- und Handbestäubung führte zudem, wie anhand des Zucker-Säure-Verhältnisses nachgewiesen wurde, zu einem sortenspezifischeren Verhältnis von Geschmackskomponenten in der Frucht“ so Dr. Inga Smit, Co-Autorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Qualität pflanzlicher Erzeugnisse.

Erdhummel_Erdbeerblüte

Erdhummel bei der Bestäubung einer Erdbeerblüte.

Den gesteigerten Ertrag und die verbesserte Fruchtqualität der aus Insekten- und Handbestäubung resultierenden Früchte führen die Forscher auf einen deutlich verbesserten und gleichmäßigeren Bestäubungserfolg (Fruchtansatz) zurück, welcher wiederum in einer signifikant erhöhten Produktion des Phytohormons Indol-3-Essigsäure resultierte. Indol-3-Essigsäure ist maßgeblich an der Fruchtentwicklung der Erdbeere, und vieler anderer Früchte, beteiligt. Das Phytohormon stimuliert u.a. das Wachstum des Blütenbodens, welcher letztendlich zu der allgemein beliebten, wohlgeformten Erdbeere heranwächst.

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Das Forscherteam konnte somit erstmals zeigen, dass Insektenbestäubung nicht nur eine große Bedeutung für den landwirtschaftlichen Ertrag hat, sondern auch einen bedeutenden Einfluss auf phytohormonelle Prozesse nimmt, welche wiederum entscheidend für die Fruchtentwicklung, Qualität und Vermarktbarkeit sind. Da der positive Effekt der Insektenbestäubung ebenfalls für andere Kulturfrüchte gezeigt werden konnte, schlussfolgern die Forscher, dass der in dieser Studie dargestellte Einfluss des Bestäubungserfolges auf physiologische Prozesse ebenfalls auf andere bestäuberabhängige Kulturfrüchte übertragbar ist. „Die natürliche Bestäubungsleistung in unseren Agrarökosystemen, welche insbesondere durch Insekten, wie etwa Wildbienen, erbracht wird, ist daher essentiell, um Ernte- und Qualitätsverluste zu verhindern und der global steigenden Lebensmittelnachfrage gerecht werden zu können“ betont Alexander Wietzke, Erstautor und Doktorand in der Abteilung Pflanzenökologie und Ökosystemforschung.

Originalveröffentlichung: Wietzke, Alexander et al., 2018. Insect pollination as a key factor for strawberry physiology and marketable fruit quality. AGEE 258, 197-204. https://doi.org/10.1016/j.agee.2018.01.036 

Kontakt:

Alexander Wietzke

Georg-August-Universität Göttingen

Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften

Abteilung Pflanzenökologie und Ökosystemforschung

Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen

Telefon (0551) 39-5721

E-Mail: alexander.wietzke@biologie.uni-goettingen.de

Internet: www.uni-goettingen.de/en/543136.html

Bildquellen:

Beitragsbild: Honigbiene bei der Bestäubung einer Erdbeerblüte.

(Quelle aller Fotos: A. Wietzke)

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