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Ein Beitrag von Dr. Christian Stiegler, Abteilung Bioklimatologie, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Uni Göttingen

Mobilität ist uns Menschen ein wichtiges und lieb gewordenes Gut, auf das wir wohl kaum verzichten wollen bzw. können. Unsere Liebe zum Auto hat jedoch einen großen Nachteil. Der Verkehr ist eine große Emissionsquelle für Treibhausgase.

Im Rahmen der Energiewende und dem damit verbundenen schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wird fieberhaft nach Alternativen für Diesel und Co. gesucht. Wasserstoff- und E-Autos sind bereits im Vormarsch, jedoch wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis sich diese Technologien etabliert haben. Daher liegt es nahe, Kraftstoffe einzusetzen, deren Herstellung bereits heutzutage leicht möglich und mit wenig Kosten verbunden ist. Eine marktreife Alternative zu fossilen Brennstoffen ist Biodiesel.

Ein Samenbündel wiegt ungefähr 20 Kilogramm. Die äußere, rötlich-braun schimmernde Fruchthülle sowie der weiße innere Kern können zur Produktion von Biodiesel verwendet werden. Foto: Christian Stiegler, Jambi (Indonesien), 2017

Biodiesel wird aus ölhaltigen Samen und Pflanzen, wie zum Beispiel der Ölpalme, hergestellt. In der Theorie klingt das Konzept vielversprechend: Durch die Verwendung von Pflanzenöl als Treibstoff kann auf Diesel aus Erdöl weitgehend verzichtet werden. Der nachwachsende Biokraftstoff verursacht keine bzw. kaum zusätzliche Treibhausgase, da das beim Verbrennen entstandene Treibhausgas CO2 im natürlichen Kreislauf wieder von den Pflanzen als deren Wachstumsmotor aufgenommen wird und somit neuer Biokraftstoff heranwächst.

Aber kann die auf den ersten Blick umweltschonende Alternative zum Erdöl tatsächlich halten, was sie verspricht? Wie groß ist das Einsparungspotenzial von Biodiesel aus Palmöl gegenüber fossilem Diesel?

Im Rahmen des deutsch-indonesischen Sonderforschungsbereichs „Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme“ haben wir dazu die Umweltbilanz von Ölpalmenplantagen in der Provinz Jambi in Indonesien untersucht.

Die Ergebnisse unserer Studie sind ernüchternd: Palmöl aus Plantagen erster Generation, also aus Plantagen, für die der Regenwald gerodet wurde, ist keine umweltschonende Alternative zu fossilem Treibstoff. Unsere Analysen zeigen sogar, dass der Treibhausgasausstoß aus dieser Art von Biodiesel um mehr als das Doppelte so hoch ist als bei fossilem Treibstoff. Aber wie kann das sein?

Die geernteten Samenbündel der Ölpalme werden auf einen LKW verladen und zur nächsten Mühle gebracht, wo anschließend das Öl extrahiert wird. Foto: Jochen Drescher, Jambi (Indonesien), 2019

Die Abholzung des Regenwaldes hat massive Auswirkungen auf die Umwelt. Treibhausgase werden unmittelbar während der Rodung des Waldes, z.B. durch Brandrodung, freigesetzt. Noch Jahre nach dem Verschwinden des Waldes wird durch mikrobiologische Zersetzung abgestorbenes Material zu Treibhausgasen umgewandelt. Für den Anbau der Ölpalme muss der tropische Boden gedüngt werden, um einen hohen Ertrag zu gewährleisten. Die Düngung mittels Stickstoff setzt jedoch Lachgas (N2O) frei, welches ein sehr starkes Treibhausgas ist. Der Transport der Ölpalmensamen sowie die Gewinnung des Biodiesels, dessen Weiterverarbeitung und Transport zum Endverbraucher benötigen zusätzliche Energie. Diese wird meist durch die Verbrennung aus fossilen Quellen bereitgestellt. Die Umweltbilanz von Biodiesel aus Palmöl muss deshalb den gesamten Lebenszyklus, die ursprüngliche Landnutzung bzw. Pflanzenbedeckung, sowie Transportwege berücksichtigen. Hier schneidet Biodiesel aus Plantagen erster Generation schlecht ab. Weil wir nun direkte Messungen des Austausches der wichtigsten Treibhausgase CO2, N2O und Methan (CH4) auf einer Ölpalmplantage durchgeführt haben, könnten wir nun zum ersten Mal zeigen, dass die ausgewachsenen Ölpalmen durch ihre hohe Produktivität zwar sehr viel CO2 aufnehmen, jedoch reicht dies nicht aus, um die Treibhausgasemissionen aus der Abholzung des Waldes und der Biodieselproduktion wett zu machen.  

Meist in Handarbeit und mit einfachen technischen Hilfsmitteln werden die Samen der Ölpalme geerntet. Ausgewachsene Ölpalmen erreichen eine Höhe von über 15 Metern. Foto: Jochen Drescher, Jambi (Indonesien), 2019

Genau hier liegt aber auch der Schlüssel für einen Ausweg aus dem Dilemma. Unsere Analysen zeigen, dass Biodiesel aus Plantagen zweiter Generation viel besser abschneiden könnte. Ein Einsparungspotenzial von bis zu 65% an Treibhausgasen gegenüber fossilem Diesel wäre möglich. Plantagen zweiter Generation sind Plantagen auf Flächen, die bereits früher landwirtschaftlich genutzt wurden und nicht unmittelbar auf gerodeten Regenwaldflächen stehen. Werden auf diesen Plantagen zweiter Generation auch noch die bisher üblichen Managementpraktiken angepasst, wäre ein Einsparungspotenzial von bis zu 77% an Treibhausgasen möglich. Alternative Managementpraktiken sind z.B. längere Wachstums- und Erntephasen von aktuell 25 Jahren auf 30 oder sogar 40 Jahre sowie der Einsatz von Sorten, die frühere Ernteerträge bringen.

All diese vorgeschlagenen Maßnahmen sind machbar und relativ einfach umzusetzen. Es liegt aber an den lokalen Entscheidungsträgern und der Politik, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Weitere Waldverluste sollten aber auf jeden Fall verhindert, bestehende Plantagen effizient genutzt und längere Rotationszyklen gewährleistet werden, damit Biodiesel aus Palmöl auch wirklich einen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen leisten kann.


Originalveröffentlichung: Ana Meijide et al. Measured greenhouse gas budgets challenge emission savings from palm-oil biodiesel. Nature Communications 2020. DOI: 10.1038/s41467-020-14852-6. https://www.nature.com/articles/s41467-020-14852-6


Titelbild:

Der Anbau von Ölpalmen ist auf der Insel Sumatra in Indonesien weit verbreitet. Aus den Samen der Ölpalmen wird auch Biodiesel hergestellt. In der Mitte des Bildes befindet sich ein Klimaturm, der im Rahmen des deutsch-indonesischen Sonderforschungsbereichs „Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme“ laufend das Mikroklima sowie den Austausch von Treibhausgasen misst. Foto: Annaggadipa R., Jambi (Indonesien), 2019

 

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