Skip to main content

Wie wenig genutztes lokales Obst und Gemüse zur Verbesserung der Ernährung in Ostafrika beitragen kann

In Ostafrika gehen bis zu 50% an Obst und Gemüse nach der Ernte verloren. Gleichzeitig gibt es in der Bevölkerung Mikronährstoffmangel, der mit einem höheren Obst- und Gemüsekonsum ausgeglichen werden könnte. Das FruVaSe Projekt mit Partneruniversitäten aus Kenia, Tansania und Uganda, der Universität Göttingen als Projektleitung und der FH Erfurt hat von 2018 bis 2022 das Potential von lokalen und bisher wenig erforschten Obst- und Gemüsearten für die Verarbeitung und Haltbarmachung untersucht. Außerdem wurden auch die genaue Nährstoffzusammensetzung, die Vermarktung und Konsumentennachfrage sowie die Nutzung von Verarbeitungsresten wie Obstschalen und –kernen für die Tierernährung, die Biogas- und Biokohle-Produktion erforscht. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Obst – und Gemüseverluste

In Ostafrika ist der sogenannte „versteckte Hunger“, das heißt ein Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen, weit verbreitet. Obst und Gemüse als anerkannte Quellen für viele wichtige Mikronährstoffe, sind in der Ernährung oft unterrepräsentiert – obwohl dort hunderte Gemüse- und Obstarten natürlich wachsen. Lokales Obst, z.B. Guaven in Kenia, verfault in der Saison teilweise unter den Bäumen, während im Land Guavensaft nur aus importierten Früchten produziert wird. Grünes Blattgemüse, wie Augenbohnenblätter oder Afrikanischer Nachtschatten, verwelkt oft nach der Ernte während Transport und Lagerung, da die Distanzen zwischen Anbauregion und Konsumzentren weit sind und Kühlketten fehlen.

Obst- und Gemüse zu jeder Jahreszeit?

Ziel des FruVaSe Projektes war es, verschiedene Verarbeitungsmethoden zu testen und anzupassen, um haltbare und nährstoffreiche Produkte herzustellen, die auch außerhalb der Obst- und Gemüsesaison einen Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung leisten können (Keding et al. 2023). Es wurden verschiedene nährstoffreiche und haltbare Produkte entwickelt: in Kenia  mit Moringablättern angereicherter Guavennektar (Omayio et al. 2022) und Instant-Augenblättersuppe (Owade et al. 2022), in Tansania Cashewapfelsaft, getrocknete Cashewäpfel (Aluko et al. 2023; Dimoso et al. 2020) und fermentierter Relish aus Afrikanischem Nachtschatten (Sangija et al. 2022) sowie in Uganda  mittels „Refractance Window Drying“-Verfahren hergestelltes Jackfruchtpulver und Jackfruchtstücke (Nansereko et al. 2021, 2022) sowie Maniokblattpulver (Natukunda et al. n.d.). Eine weitere Arbeitsgruppe berechnete, dass durch Zugabe von einigen dieser Produkte zur üblichen Nahrung von Frauen und Kindern Lücken in der Nährstoffversorgung gefüllt und die Kosten für die Nahrung teilweise sogar gesenkt werden konnten (Sarfo et al. 2022).

Die sensorischen Eigenschaften der entwickelten Produkte wurden überwiegend sehr positiv bewertet und die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden erlaubte bei einigen Produkten vor allem in städtischen Gebieten deutliche Gewinnerwartungen (Tepe et al. 2021). Als Beitrag zu einem nachhaltigen Lebenszykluskonzept wurde gezeigt, dass Reste der Guavenverarbeitung als Beimischung in Hähnchenfutter verwendet werden können (Ogega et al. 2022) sowie  Reste der Jackfruchtverarbeitung zusammen mit Kuh- und Hühnerkot für die Biogasproduktion vergärbar sind (Mibulo et al. 2023) bzw.  auch für die Herstellung von Biokohle genutzt werden, die wiederum als Dünger im Gemüsebau verwendet werden kann (Nsubuga et al. 2023).

Die Projektergebnisse wurden neben der Veröffentlichung in wissenschaftlichen Zeitschriften auch als Trainingsmaterial wie Handbücher, Faltblätter und Poster den lokalen Gemeinden zur Verfügung

gestellt und in einem „Training of Trainers“ Format an ausgewählte Gruppen vermittelt. Die Ergebnisse inspirierten einige der am Projekt beteiligten Doktoranden zu weiteren Verarbeitungsideen, wie z.B. Dr. Duke Gekonge von der University of Nairobi: „Ich war fasziniert davon, aus den wilden, wenig genutzten, aber sehr nahrhaften kenianischen Guaven, die bis dato nicht kommerziell genutzt wurden, eine Vielzahl von Guavenprodukten herzustellen, zu standardisieren und zu vermarkten – neben Guavennektar zum Beispiel auch Joghurt und Wein.“ Seine Produkte wurde bei der University of Nairobi Innovation Week im April 2022 mit dem zweiten Platz geehrt.

Empfehlungen aus dem Projekt

So lange nicht zu allen Jahreszeiten frisches Obst und Gemüse verfügbar ist, bieten die vom FruVaSe Projekt getesteten Verarbeitungsmethoden eine preiswerte Option, aus lokalen Obst- und Gemüsearten – die teilweise im Überfluss vorhanden aber ungenutzt sind – eine mikronährstoffreiche und bedarfsdeckende Ernährung zu ermöglichen. Obwohl die Produkte von potentiellen Konsumenten positiv bewertet wurden, muss über die gesundheitlichen Vorteile dieser Produkte noch besser informiert werden. Da verarbeitete Produkte oft pauschal als „ungesund“ angesehen werden, ist eine genaue Definition und neue Einordnung von „verarbeitetem Obst und Gemüse“ in die NOVA-Klassifizierung verarbeiteter Lebensmittel nötig. Außerdem sollten nahrhafte verarbeitete Obst- und Gemüseprodukte in lokale Ernährungsrichtlinien und –programme mit aufgenommen werden.

Unterstützende politische Interventionen werden nötig sein, wie z.B. die Vergabe günstiger Kredite für die Produktion von Obst und Gemüse, deren Verarbeitung (Anschaffung von Geräten) und die Bereitstellung von erneuerbarer Energie; Verlinkung von landwirtschaftlichen Betrieben, die  Obst- und/ oder Gemüseüberschüsse erzeugen, mit Einrichtungen zur Verarbeitung; Organisation von Wasser- und Energiebereitstellung, die auf Gemeindeebene, nicht auf Haushaltsebene, erfolgen sollte; und letztendlich eine Sensibilisierung der Bevölkerung, wie neue Obst- und Gemüseprodukte zu traditionellen Mahlzeiten hinzugefügt werden können.

Originalveröffentlichung: Keding G.B., Tepe, J., Lemken, D., Alves, L., Wydra, K.D., Pawelzik, E. (2023): Verarbeitungstechniken für überschüssiges Obst und Gemüse in Ostafrika. Ernährung im Fokus 01/2023. S.75-79, https://www.bzfe.de/fileadmin/user_upload/5382_2023_eif_x009.pdf

Referenzen

Aluko, A., Makule, E. & Kassim, N. (2023) Effect of clarification on physicochemical properties and nutrient retention of pressed and blended cashew apple juice. Food Science and Nutrition, 1-13. https://doi.org/10.1002/fsn3.3222

Dimoso, N., Aluko, A., Makule, E., & Kassim, N. (2020) Challenges and opportunities toward sustainable consumption and value addition of cashew apples in Tanzania. Outlook on Agriculture, 50(2), 169–177. https://doi.org/10.1177/0030727020941164

Keding G.B., Tepe, J., Lemken, D., Alves, L., Wydra, K.D., Pawelzik, E. (2023) Verarbeitungstechniken für überschüssiges Obst und Gemüse in Ostafrika. Ernährung im Fokus 01 2023. S. 75-79 https://www.bzfe.de/fileadmin/user_upload/5382_2023_eif_x009.pdfhttps://www.bzfe.de/fileadmin/user_upload/5382_2023_eif_x009.pdf

Mibulo, T., Nsubuga, D., Kabenge, N. & Wydra, K.D. (2023). Comparative Study Biogas Production from Jackfruit Wastes, Banana Peels, and Pineapple Peels Co-digested with Cow Dung. Journal of Sustainable Bioenergy Systems, 13, 1-15. https://doi.org/10.4236/jsbs.2023.131001

Nansereko, S., Muyonga, J. & Byaruhanga, Y.B. (2022) Influence of Drying Methods on Jackfruit Drying Behavior and Dried Products Physical Characteristics. Hindawi International Journal of Food Science. https://doi.org/10.1155/2022/8432478

Nansereko, S., Muyonga, J., & Byaruhanga, Y.B. (2021) Optimization of drying conditions for Jackfruit pulp using Refractance Window Drying technology. Food Science & Nutrition, 1–11. https://doi.org/10.1002/fsn3.2694

Natukunda S, (n.d.) Potential of cassava leaves in improving micronutrient nutrition in Kasese district, Uganda. PhD thesis at Makerere University, Kampala, Uganda.

Nsubuga, D., Kabenge, I., Zziwa, A., Yiga, V.A., Mpendo, Y., Harbert, M., Kizza, R., Banadda, N. & Wydra, K.D. (2023) Optimization of adsorbent dose and contact time for the production of jackfruit waste nutrient enriched biochar. Waste Disposal & Sustainable Energy, https://doi.org/10.1007/s42768-022-00123-1

Ogega, E.B., Gachuiri, C.K., Maina, J.G. and Abong’, G.O. (2022) Effects of inclusion of guava fruit processing by-product in broiler diets on performance. Livestock Research for Rural Development Volume 34, Article # 92. Available at: https://lrrd.org/lrrd34/10/3492ogeg.html

Omayio, D., Abong, G., Okoth, M., Gachuiri, C. & Mwangombe, A.W. (2022) Physicochemical and Processing Qualities of Guava varieties in Kenyan Guava. Int J Fruit Sci. 2022. https://doi.org/10.1080/15538362.2022.2039342

Owade JO, Abong’ GO, Okoth MW and Mwang’ombe AW (2022) A benefit-cost analysis approach for determining the optimal processing of micronutrient-enriched cowpea leaf soup mixes. Frontiers in Food Science and Technology, 2:874557; https://doi.org/10.3389/frfst.2022.874557

Sangija, F., Martin, H., & Matemu, A. (2022) Effect of lactic acid fermentation on the nutritional quality and consumer acceptability of African nightshade. Food Science & Nutrition, 00, 1– 15.  https://doi.org/10.1002/fsn3.2912

Sarfo, J., Pawelzik, E. & Keding, G.B. (2022) Are processed fruits and vegetables able to reduce diet costs and address micronutrient deficiencies? Evidence from rural Tanzania. Public Health Nutrition 25(9), 2637–2650 (2022). https://doi.org:10.1017/S1368980022000982

Tepe, J., Benali, M. & Lemken, D. (2021) Consumer demand for novel fruit and vegetable products with extended shelf lives in East Africa: a multinational multi-product analysis. Public Health Nutrition, Dec 10, 1-11. https://doi.org/10.1017/S136898002100478X

Kontakt

Dr. Gudrun Keding
Prof. Dr. Elke Pawelzik
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Department für Nutzpflanzenwissenschaften – Abteilung Qualität pflanzlicher Erzeugnisse
Carl-Sprengel-Weg 1, 37075 Göttingen
E-Mail: gkeding@gwdg.de; epawelz@gwdg.de

Kommentar verfassen