In welchen Studiengängen haben Sie Abschlüsse absolviert und was bringt Sie an die Agrar-Fakultät?
In meinem Studium habe ich von Beginn an zwei Fächer studiert, Soziologie und Biologie. Der Abschluss zum Diplom-Soziologen erfolgte als erstes (mit einer Arbeit über Bürgerinitiativen), danach der in Biologie (mit einer Arbeit zu den Lebensgemeinschaften in Abwasserteichen). Für die Promotion wie auch die Habilitation konzentrierte ich mich dann auf bio-ökologische Fragestellungen. Dabei ging es um die Lebensgemeinschaften an Gräsern, konkret um die Wechselwirkungen zwischen vier trophischen Ebenen: verschiedene Grasarten, grasfressende Insekten, räuberische Insekten/parasitische Wespen und insektenfressende Vögel. Als Ende der 1980er Jahre die EU die Flächenstilllegung in der Landwirtschaft einführte, nahm ich mit einem Drittmittel-Projekt an den ökologischen Begleituntersuchungen teil. Wir quantifizierten die Auswirkungen auf die Biodiversität und bewerteten danach die verschiedenen Typen der Flächenstilllegungen (selbstbegrünte Brachen und deren Veränderungen mit dem Alter, diverse Brachen-Einsaaten). Diese Untersuchungen waren der Türöffner für den Agrarbereich. Seit dem Start mit meiner Agrarökologie-Professur (1993) beschäftigten wir uns noch viel umfassender damit, welche Folgen landwirtschaftliche Aktivitäten für die Artenvielfalt im ländlichen Raum haben und wie Landwirtschaft und Naturschutz am besten zusammen zu bringen sind, einem ökologisch wie sozio-ökonomisch wichtigen Thema.
Welchen Hobbies gehen Sie in Ihrer Freizeit nach?
Meine Frau und ich gehen sehr gern mit FreundInnen wandern – in Berglandschaften wie auch am Meer. Das ist oft mit Reisen in wunderschöne Regionen verbunden. Zudem treibe ich Sport (Joggen, Muskeltraining) und bin an Kultur und Politik interessiert. Aktuell versuche ich, meine mageren Spanischkenntnisse zu verbessern.
Was gefällt Ihnen am besten an Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit?
Wissenschaft zu seinem Beruf zu machen ist ein Privileg und macht schlichtweg Spaß. Ideen zu entwickeln, welche Forschungsthemen zu wirklich neuen Ergebnissen führen könnten, dafür das Design zu erarbeiten, die rohen Ergebnisse adäquat auszuwerten, daraus interessante Artikel zu schreiben und gut zu publizieren – das ist einfach wunderbar! Dazu gehört auch, die wichtigsten, publizierten Ergebnisse in Pressemitteilungen und populären Artikeln der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wie lautet Ihr Forschungsschwerpunkt und warum ist er so interessant?
Agrarökologie ist ein sehr breit gefächerter und aktueller Forschungsschwerpunkt, weil es um den Ausgleich zwischen Landwirtschaft und Naturschutz geht, der naturwissenschaftliche wie auch soziale und wirtschaftliche Fragen aufwirft. Wir haben uns von Beginn an mit der relativen Bedeutung des Managements von Feldern im Vergleich zu dem von ganzen Landschaften beschäftigt. Es zeigte sich, dass die lokale Artenvielfalt und auch Prozesse wie die Bestäubung oder die biologische Schädlingsbekämpfung davon abhängen, welche und wie viele Arten in der Landschaft verfügbar sind. Zudem zeigten wir schon vor langer Zeit, welch große ökonomische Bedeutung die Bestäubung von Kulturpflanzen hat. Auch wenn die Produktion der wichtigsten Grundnahrungsmittel (wie Getreide, Reis, etc.) ohne Bestäuber auskommt, so steigern doch die tierischen Bestäuber den Ertrag von 75% der laut FAO wichtigsten Kulturpflanzen, was insgesamt 35% der globalen Nahrungsmittelproduktion betrifft. Wildbienen sind dabei von besonderer Bedeutung und oft wichtiger als die Honigbienen. Das sind alles sehr spannenden Themen und es ist eine große Freude, an diesen selbst gewählten Themen arbeiten zu können.
Wenn Sie eine der wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus ihrem Forschungsbereich nennen müssten, welche wäre es?
Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehört die schon genannte Tatsache, dass die Struktur der Landschaft (Anteil naturnaher Lebensräume, Heterogenität der Lebensraumtypen) die lokalen Muster der Artenvielfalt wie auch der Ökosystemleistungen steuert. Beispielsweise erklären Unterschiede in der Verfügbarkeit von Wildbienen Ertragsunterschiede von fünfzig Prozent und mehr – in Kirschplantagen von Witzenhausen wie auch in Hochlandkaffee-Plantagen Indonesiens. Wenn es viele insektenfressende Vögel und Fledermäuse gibt, können ähnlich hohe Ertragssteigerungen in tropischen Plantagen von Kaffee, Kakao oder Macadamia erreicht werden. In den nächsten Jahren steht bei uns die ökologisch wie sozio-ökonomisch wichtige Frage im Vordergrund, wie in Kakao-Agroforstsystemen von Peru die Bestäubung (durch Mücken und andere kleine Insekten), die biologische Schädlingskontrolle (durch Vögel und Fledermäuse), die Diversifizierung mit einheimischen Kakaosorten und der Lebensstandard der Kleinbauern vorangebracht werden können.