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Göttinger Studie zeigt Potenziale und Grenzen der Biolandwirtschaft auf globaler Ebene

Eine Studie der Universität Göttingen belegt, dass nur die Kombination von ökologischen und konventionellen Anbautechniken eine global nachhaltige Landwirtschaft garantieren kann. Die Agrarökonomen Dr. Eva-Marie Meemken und Prof. Dr. Matin Qaim untersuchten den Einfluss des Ökolandbaus auf Umwelt, Klima und Gesundheit in unterschiedlichen Teilen der Welt. Dabei fanden sie heraus, dass der Anbau von Bio-Lebensmitteln zu viel Ackerfläche benötigt, um sich weltweit positiv auf die Artenvielfalt auswirken zu können. Zudem ist er in ärmeren Ländern zur Ernährungssicherung ungeeignet. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Annual Review of Resource Economics erschienen.

Die Erstautorin der Studie, Dr. Meemken, unterhielt sich mit Kristina Backhaus von AgrarDebatten über die Studie. Die daraus entstandene Folge der AgrarDebatten-Podcastserie steht zum Anhören bereit. Teil 1 konzentriert sich auf die Studie selbst, Implikationen der Ergebnisse werden im 2. Teil besprochen.

Teil 1:

Teil 2:

Im Vergleich zur industriellen Landwirtschaft wird der Anbau von Bio-Lebensmitteln gemeinhin als schonender für Mensch, Tier, Umwelt und Klima wahrgenommen. Viele Studien bescheinigen dem Ökolandbau im Vergleich mit der konventionellen Landwirtschaft größere Artenvielfalt und geringere Schadstoffbelastungen auf dem Acker. Um herauszufinden, ob der Ökolandbau auch vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen als grundsätzlich nachhaltig eingestuft werden kann, werteten Dr. Eva-Marie Meemken und Prof. Dr. Matin Qaim von der Universität Göttingen rund 150 Einzelstudien und Meta-Analysen zu den Effekten des Ökolandbaus in unterschiedlichen Teilen der Welt aus. Dabei zeigte sich, dass Bio-Lebensmittel im Vergleich mit Produkten aus konventioneller Landwirtschaft keinen unterschiedlichen Effekt auf die Gesundheit haben.

Die Wissenschaftler entdeckten zudem, dass die Vorteile des Biolandbaus für Umwelt und Klima nicht gelten, wenn die Effekte pro Produkteinheit statt pro Hektar Ackerfläche verglichen werden. Für ökologische Lebensmittel benötigt man wegen der niedrigeren Erträge mehr Ackerfläche als für die gleiche Menge konventioneller Produkte. So relativieren sich die Umwelt- und Klimavorteile des Ökolandbaus und kehren sich für einige Parameter sogar um. „Die Ertragsunterschiede müssen berücksichtigt werden, weil die globale Nachfrage nach Lebensmitteln weiter wächst“, betont Qaim. „Bisher wird weltweit nur ein Prozent der Ackerfläche nach den Regeln des Ökolandbaus bewirtschaftet. Wollte man zukünftig die ganze Welt mit Bioprodukten ernähren, bräuchte man deutlich mehr Fläche, was nur auf Kosten von Wäldern und anderen natürlichen Lebensräumen möglich wäre.“

Des Weiteren sind Bio-Lebensmittel zur Ernährungssicherung in Entwicklungsländern ungeeignet, da sie im Schnitt erheblich teurer als konventionelle Produkte sind. „Für einheimische Grundnahrungsmittel gibt es in Entwicklungsländern aufgrund der niedrigen Einkommen bisher kaum einen Markt für teurere Bioprodukte“, so Meemken.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass der Ökolandbau zwar in bestimmten Situationen vorteilhaft ist, aber nicht als Leitbild für global nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherung gelten kann. Ebenso wenig kann die industrielle Landwirtschaft mit ihrem hohen Einsatz von Chemikalien als Modell für Nachhaltigkeit dienen. „Benötigt werden produktive und zugleich umweltfreundliche Systeme. Solche Systeme standörtlich angepasst zu entwickeln, erfordert die intelligente Kombination von Methoden des Ökolandbaus und der konventionellen Landwirtschaft – auch unter Berücksichtigung ganz neuer Technologien“, so Meemken und Qaim.

 

Originalveröffentlichung: Meemken, E.-M., Qaim, M. (2018). Organic agriculture, food security, and the environment. Annual Review of Resource Economics, doi.org/10.1146/annurev-resource

 

Kontakt:
Prof. Dr. Matin Qaim
Georg-August-Universität Göttingen – Fakultät für Agrarwissenschaften
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39 4806, E-Mail: mqaim@uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/42360.html

 

Foto: Reisanbau in Indonesien (Quelle: Stefan Schwarze)

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