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In diesem Modul konnten wir endlich das Hörsaalwissen mit einem Praxispartner direkt anwenden.

Thilo von Eller-Eberstein2. Mastersemester - Studienschwerpunkt: Agribusiness

Wir, eine Projektgruppe aus Masterstudierende der Fakultät für Agrarwissenschaften, sind dieser Frage im letzten Sommersemester im Rahmen des Moduls Lebensmittelsensorik unter der Leitung von Prof. Dr. Mörlein nachgegangen. Gemeinsam mit dem Unternehmen Juicy Marbles® hieß es für uns raus aus dem Hörsaal direkt auf die Straße Teilnehmende rekrutieren und dann Statistik, Statistik, Statistik.

Aber zurück zum Anfang.

Keiner konnte ahnen, was auf uns zukommen würde, als wir unsere Modulbelegung für das Sommersemester 2022 planten. Bis wir dann in der ersten Sitzung des Moduls Lebensmittelsensorik des Departments für Nutztierwissenschaften saßen und uns Herr Mörlein erklärte, was er vorhatte. Wir sollten für ein echtes Unternehmen mit realen Produkten eine praxisrelevante Fragestellung untersuchen und dabei den kompletten Prozess der empirischen Marktforschung in der Lebensmittelsensorik durchlaufen. Von der Zeit- über die Versuchsplanung bis hin zur fertigen Ergebnispräsentation bei Juicy Marbles®. Klang super spannend und auch anstrengend, aber challenge accepted!

Zunächst mussten wir aber erst klären- wer ist eigentlich Juicy Marbles?

Über Google kamen wir recht schnell auf die Firmenseite. Was wir sahen, war ein saftiges Stück Filet und daneben geschrieben „DAS ZARTE FLEISCHIGE JUWEL. In einer Welt, die so schmerzhaft ernst und doch so lächerlich ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis ein Filet Mignon auf pflanzlicher Basis in Mode kommen würde.“ Text und Foto stimmen schonmal überein! Juicy Marbles ist ein slowenisches Start-Up, welches mit einer pflanzlichen Steak-Alternative den Markt und den Geschmack der Verbraucher erobern möchte. Das Unternehmen möchte nicht nur Veganer*innen oder Vegetarier*innen, die bewusst auf Fleisch verzichten ansprechen, sondern auch „klassische“ Fleischesser von einer fleischlosen Alternativen überzeugen.

Unsere Fragestellung.

Der Konsum von pflanzenbasierten Fleischersatzprodukten ist in den vergangenen Jahren immer weiter in den Fokus gerückt, da die Anzahl an Konsument*innen, die auf Fleisch manchmal oder auch ganz verzichten, wächst. Dabei sind die Motive für eine fleischlose Ernährung ganz unterschiedlich. Manche Verbraucher*innen mögen den Geschmack von Fleisch einfach nicht, andere möchten der Umwelt etwas Gutes tun und wiederum andere möchten nicht, dass Tiere für sie sterben. Der Markt für vegetarische und vegane Ersatzprodukte boomt also. Für Juicy Marbles ist es wichtig, ob ihr Produkt auch bei „klassischen“ Fleischesser*innen  auf Begeisterung stößt und so eine Chance für einen größeren Markt hat und nicht nur ein Leben als Nischenprodukt fristet. Also waren unsere zentralen Fragestellungen: Wie beurteilen verschiedene Verbraucher*innen die Sensorik der Fleischalternative und wie viel wären sie bereit, dafür zu zahlen? Derzeit kann man nämlich zwei Stücke á 115g für 15€ bestellen.

Ich konnte viel für mein weiteres Studium mitnehmen. Insbesondere im Bereich des empirischen Arbeitens!

Marie Schickler1. Mastersemester - Studienschwerpunkt: Agribusiness

Unser Versuchsdesign.

Uns wurde schnell klar, dass wir unsere Fragestellung nicht anhand eines modernen und eher steril wirkenden Sensoriklabors (übrigens haben wir ein vollausgestattetes Sensoriklabor an der Uni. Es befindet sich im Kellnerweg) untersuchen wollten, wir wollten die Realität. Also haben wir uns für einen „Home-use-test“ entschieden. Dafür erhalten Testpersonen das Produkt sowie eine Kochanleitung, die bei der Zubereitung des Produktes berücksichtigt werden soll. Währenddessen oder im Anschluss werden sie mit Hilfe eines Fragebogens zum Produkt befragt. Durch dieses Format besteht für die Befragenden die Möglichkeit, das zu testende Produkt in einem gewohnten Umfeld und ohne Versuchsleitung im Rücken zu bewerten. Unser Ziel war es, 150 Leute für unsere Untersuchung zusammen zu kriegen und sie sollten im besten Fall zwischen 18 und älter als 65 Jahre sein. Außerdem sollten sie sich nicht nur vegan oder vegetarisch ernähren. Wir wollten die „klassischen Fleischesser*innen“, denn die will Juicy Marbles schließlich überzeugen.

Die Stichprobenziehung.

Wir waren am Anfang ziemlich optimistisch. Es kann ja nicht so schwer sein, 150 Leute für einen Test zu finden, zumal es sogar Gratisprodukte gibt. Ja, weit gefehlt. Auf dem Campus an der Mensa am Turm haben wir schnell Kommiliton*innen finden können, aber die sind in den meisten Fällen nicht älter als 30 Jahre. Also sind wir mit vollen Jutebeuteln bepackt noch zum Wochenmarkt gefahren und haben unser Glück zusätzlich vor einen Bio-Supermarkt probiert. Es war gar nicht so einfach, Testpersonen zu finden und es hat am Anfang auch echt Überwindung gekostet, fremde Menschen anzusprechen. Nach einem langen Tag und vielen „kein Interesse“, „auf eine Befragung habe ich keine Lust“ konnten wir fast alle unsere Testpakete verteilen. Ein Meilenstein geschafft.

Jetzt hieß es – warten.

Wir hatten unseren Testpersonen sechs Tage Zeit gegeben und nach Ablauf der Frist hatten wir 107 vollständig ausgefüllte Fragebögen bekommen. Wieder ein kleiner Erfolg.

Herr Prof. Dr. Mörlein hat uns Studierenden dort abgeholt, wo wir stehen. Das macht gute Lehre aus und motiviert!

Vicco von Bülow4.Mastersemester - Studienschwerpunkt: Agribusiness

Statistik, Statistik, Statistik.

Jetzt hieß es für uns, einen Blick in die Daten zu werfen und diese zeigen, dass vor allem das Aussehen und der Geschmack des Produktes als besonders positiv wahrgenommen wurde. Uns hat es nicht gewundert, dass sowohl der Geruch als auch der Geschmack im gebratenen Zustand deutlich besser beurteilt wurden als im rohen Zustand. Zwei Drittel der Frauen und zwei Drittel der Männer gaben an, dass ihnen das Produkt insgesamt gefällt. Bei 64% der Befragenden hatte sich die Beurteilung des Produktes nach der Verkostung noch weiter verbessert. Insgesamt bewerteten Veganer*innen und auch Vegetarier*innen das „Filet Mignon“ noch positiver als „klassische Fleischesser*innen“. Die Beliebtheit des Produktes sank mit steigendem Alter, was ein Indiz für eine starke Präferenz des Produktes bei jungen Erwachsenen ist.

Das Unternehmen wirbt auf seiner Seite vor allem mit der Saftigkeit der Steaks. Das sahen unsere Testpersonen aber anders. Rund 57% der Tester*innen bewerteten das Produkt als zu trocken und auch der Geruch sowie die Form im rohen Zustand wurde kritisiert.

Am Ende würden 8 von 10 Befragenden das Produkt zu einem akzeptablen Preis kaufen. Allerdings lag die Zahlungsbereitschaft für ein Paket (zwei Stücke á 115g) mit durchschnittlich 4,50€ deutlich unter den von Juicy Marbles geforderten 15€. Nur 3% der Testpersonen wären bereit, den aktuellen Preis zu zahlen.

Unser Ergebnis.

Insgesamt kommt das Produkt nicht nur bei Veganer*innen und Vegetarier*innen gut an, sondern auch bei den „klassischen Fleischesser*innen“. Von Jung bis Alt überzeugt der Geschmack, die Textur und der Geruch, aber ist es für 15€ einfach zu teuer. Um aus der Nische zu treten, müsste es also deutlich billiger werden.

Was noch auf uns zu kommt.

Aber für uns ist damit die Arbeit noch nicht ganz vorbei. Jetzt gehen wir erst recht in die Tiefe der Daten und bereiten die Präsentation gegenüber Juicy Marbles vor. Dann haben wir das Projekt komplett abgeschlossen und alles geschafft. Challenge completed!

Und was ist das Fazit von Herrn Prof. Dr. Mörlein?

Das Studium sollte im Idealfall nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch die Soft Skills wie Projektmanagement, Kommunikationsfähigkeit oder das Zusammenarbeiten im Team der Studierenden schulen und stärken. Daher ist es mir wichtig, in einem engen Kontakt mit den Studierenden zu stehen und sie bei ihrem Projekt nicht nur fachlich zu begleiten. Ich habe auch dieses Mal wieder hoch interessierte und sehr engagierte Studierenden erlebt, die sich in dieser Zeit weiterentwickelt haben. Mich motiviert es als Lehrender, dass wir solche Projekte im Rahmen der akademischen Ausbildung an unserer Fakultät realisieren können.

Prof. Dr. Daniel MörleinProfessor für Produktqualität tierischer Erzeugnisse; Department für Nutztierwissenschaften

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