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Der Öko-Landbau, der typischerweise mehr Wildkräuter aufweist als der konventionelle Acker, ist in diesem Szenario bei der Bienenförderung erfolgreicher als der Blühstreifen.

Prof. Dr. Teja TscharntkeAbteilung Agrarökologie, Dep. für Nutzpflanzenwissenschaften an der Georg-August Universität

Forschungsteam bewertet Effizienz von Agrarumweltmaßnahmen aus gegensätzlichen Blickwinkeln

Wie wirksam Agrarumweltmaßnahmen für die biologische Vielfalt sind, hängt von verschiedenen Faktoren und dem jeweiligen Blickwinkel ab. Das zeigen Agrarökologen der Universität Göttingen und des Zentrums für ökologische Forschung im ungarischen Vácrátót in einem Artikel in der Fachzeitschrift Basic and Applied Ecology. Die Aussage des Forschungsteams: Je nach Art der Betrachtung sind Biodiversitätsvorteile auf dem Feld (ökologischer Landbau) oder neben dem Feld (Blühstreifen) anders zu beurteilen. Vergleichende Bewertungen von Umweltmaßnahmen könnten deshalb leicht in die Irre führen, so die Wissenschaftler.

In ihrem Beispiel beziehen sich die Autoren auf eine Untersuchung von zehn Agrarlandschaften mit jeweils drei Winterweizenfeldern in der Umgebung von Göttingen: einem ökologischen Feld, einem konventionellen Feld mit Blühstreifen und einem konventionellen Feld ohne Blühstreifen. An den Feldrändern wurde zwei Jahre lang die Häufigkeit von Wildbienen erfasst. Die Ergebnisse zeigten, dass der Vergleich von Daten auf der Ebene von einfachen linearen Begehungen zu der irreführenden Schlussfolgerung führt, dass Blühstreifen viel mehr Bienen anlocken als Öko-Felder.

„Allerdings wurde dabei nicht betrachtet, dass Blühstreifen nur etwa fünf Prozent der konventionellen Felder bedecken und insgesamt deutlich weniger Bienen aufweisen als die 95 Prozent Öko-Landbaufläche“, erläutern Prof. Dr. Teja Tscharntke, Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen, und Dr. Péter Batáry, Gruppenleiter am Zentrum für ökologische Forschung im ungarischen Vácrátót. „Kurzum: Der Öko-Landbau, der typischerweise mehr Wildkräuter aufweist als der konventionelle Acker, ist in diesem Szenario bei der Bienenförderung erfolgreicher als der Blühstreifen.“

Berücksichtigt man aber die Tatsache, dass Getreideflächen im Öko-Landbau nur halb so viel Ertrag liefern wie konventioneller Anbau, verkehrt sich die Einschätzung. Denn der 50-prozentige Weizen-Ertragsverlust auf einer zehn Hektar großen Fläche Öko-Landbau ist gleichwertig mit dem Ertrag von fünf Hektar konventionellem Anbau plus fünf Hektar Blühstreifen, was zu 3,5-mal mehr Bienen führen würde. In diesem Szenario erweist sich der Öko-Landbau als wenig geeignet für eine effektive Wildbienenförderung.

„Diese Daten und Überlegungen zeigen, dass verschiedene Maßstäbe bei der Bewertung von Agrarumweltmaßnahmen berücksichtigt werden sollten. Nur wenn der Flächenanteil der Maßnahmen sowie die Ertragssituation berücksichtigt werden, können wir ein ausgewogenes Verständnis der ökologischen und ökonomischen Wirksamkeit von Umweltmaßnahmen erreichen“, so die Autoren.

Originalveröffentlichung: Péter Batáry & Teja Tscharntke: Scale-dependent effectiveness of on-field vs. off-field agri-environmental measures for wild bees. 2022, Basic and Applied Ecology, https://doi.org/10.1016/j.baae.2022.05.001

Kontakt

Prof. Dr. Teja Tscharntke
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Abteilung Agrarökologie
Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen
E-Mail: ttschar@gwdg.de
Internet: www.agroecology.uni-goettingen.de

One Comment

  • Steffen Konnemann sagt:

    Bei einem Artikel wie diesem, der dazu auffordert bei der Bewertung von AUM vorsichtig zu sein und verschiedene Maßstäbe anzulegen kann ich nicht verstehen, warum ein spezielles Szenario als Zitat hervorgehoben wird. Das ist meiner Meinung nach irreführend und auch unnötig, wenn doch im letzten Absatz die Ergebnisse so präzise auf den Punkt gebracht werden.

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